- Die Leitzinsen im Euroraum sind weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau
- Sollte jedoch eine Zinserhöhung schneller und umfangreicher als erwartet vorgenommen werden, so hat dies spürbare Konsequenzen auf alle Investments
- Aus Sicht der Schoellerbank Anlageexperten müssten Immobilien bei Zinsänderungen einem ähnlichen Prinzip wie Anleihen folgen: steigen die Zinsen, fallen die Kurse bzw. Preise
- Bei einer Zinserhöhung auf 1% wären entweder Kaufpreisreduzierungen um rund -25% oder Mieterhöhungen um ein Drittel erforderlich, damit eine lohnende Nettomietrendite von 4% erzielt werden kann
- Immobilieninvestoren sollten die mögliche Einflussnahme steigender Zinsen auf die Immobilienpreise bzw. die Rendite in ihre Anlageentscheidung miteinbeziehen
Viele Parameter deuten darauf hin, dass sich die Euro-Leitzinsen noch länger auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen werden. Eine Erhöhung würde aus heutiger Sicht nur sehr langsam erfolgen. Diese Annahmen sind mit der Reduzierung der Anleihenkäufe und der aktuellen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verbunden. Falls eine Zinserhöhung jedoch schneller als erwartet und umfangreicher als gedacht vorgenommen wird, wären die Auswirkungen auf die verschiedensten Investments und Assetklassen deutlich spürbar.
Die Folgen steigender Zinsen auf Anleihenkurse
Die Auswirkungen auf Anleiheninvestments - Anleihen oder Anleihenfonds - sind vergleichsweise einfach und gut nachvollziehbar. Durch das Zinsänderungsrisiko kann es zu hohen Preisschwankungen kommen. Steigen die Zinsen, fallen die Kurse. Je länger dabei die Restlaufzeit ist, desto stärker sind die Kursverluste. Bei steigenden Zinsen werden Neuemissionen mit einem höheren Kupon am Markt platziert und es können höhere Renditen erzielt werden. Beeinflusst werden die Zinsen von vielen Faktoren, wie den Inflationserwartungen, den Einschätzungen zur wirtschaftlichen Entwicklung, dem Kreditrisiko etc.

Quelle: eigene Darstellung
Auf Anleihenfonds wirken sich Kursverluste - durch die typische umfangreiche Diversifikation und dem aktiven Management - meist weniger stark aus, als auf Einzelinvestments. Und behält ein Investor seine Anleihen von der Emission bis zur Tilgung, so spielt die Kursveränderung ohnehin keine Rolle. Im derzeitigen Marktumfeld sind deshalb Anleihen mit einer kurzen Laufzeit zu bevorzugen.
Die Folgen steigender Zinsen auf die Immobiliennachfrage
In den letzten Jahren gab es in Österreich vor allem auf dem Wiener Immobilienmarkt deutliche Wertsteigerungen. Aufgrund der Verunsicherung vieler Anleger im Rahmen der Finanzkrise wurden Investitionen in Sachwerte - insbesondere in Immobilien - bevorzugt. In der Zwischenzeit boomen die Aktienmärkte wieder, mit konservativen Veranlagungen wie Anleihen und Sparprodukten kann hingegen kaum eine nachhaltige Rendite erzielt werden. Da die Inflationsrate derzeit über den Zinsen für Sparguthaben liegt, kommt es somit bei jeglicher Art der Liquiditätshaltung (geparkte Guthaben am Konto, Sparbuch oder in einem Geldmarktfonds) zu einem realen Vermögensverzehr. Auch aufgrund der geringen Fremdkapitalzinsen bzw. -kosten ist die Immobilie weiterhin ein sehr beliebtes Investmentobjekt.
Doch unter der Annahme steigender Zinsen während der nächsten Monate, würde die Nachfrage nach Hypothekarkrediten für Anlageobjekte drastisch sinken. Anleihen und Spareinlagen würden wieder attraktiver erscheinen, der Immobilienmarkt wäre hingegen aus Investitionssicht nicht mehr so interessant.
Die Nettomietrendite zur Orientierung

Im aktuellen Zinsumfeld wird in Immobilien als Anlageobjekt investiert, um eine höhere Rendite als auf Sparguthaben oder bei Anleiheninvestments zu lukrieren. Da solch ein Investment jedenfalls mit einem Risiko verbunden ist, sollte die Rendite deutlich über dem risikolosen Zins liegen. Ein risikoloser Zinsertrag ist theoretisch nur auf einem Sparbuch oder bei einer höchst konservativen Veranlagung in Staatsanleihen mit sehr hoher Bonität (z. B. Deutschland) zu erzielen - derzeit liegt das Zinsniveau hier praktisch bei null. Unter Berücksichtigung von Kosten und Steuern bei Immobilieninvestments sollte die Nettomietrendite aus Sicht der Schoellerbank Anlageexperten derzeit bei mindestens 3% liegen, um für Investoren attraktiv zu sein.
Beispiel: Auswirkungen steigender Zinsen auf die Renditeanforderung
Gemäß oben stehender Formel zur Berechnung der Nettomietrendite bzw. der aktuellen Mindestanforderung von 3%, müsste für ein Zinshaus mit einem Verkehrswert von 2 Mio. Euro ein jährlicher Mietertrag von 60.000 Euro erzielt werden.
Würden nun die Zinsen für eine risikolose Veranlagung um +0,5% steigen, müsste eine neue erworbene Immobilie eine Rendite von 3,5% erzielen, damit sich der Immobilienkauf für den Investor noch lohnt. Eine Reduzierung des "Risikoaufschlags" würde diese Renditevorgabe entsprechend reduzieren. Da Mieten jedoch nur in einem geringen Ausmaß erhöht werden können, muss die andere Variable - nämlich der Kaufpreis - verringert werden. In unten stehendem Rechenbeispiel müsste der Kaufpreis für die anvisierte Rendite von 3,5% um ca. -14% auf etwa 1,71 Mio. Euro sinken. Bei einer Zinserhöhung auf 1% müsste der Kaufpreis für eine lohnende Rendite sogar um rund -25% sinken.
Rechenbeispiel

Quelle: eigene Darstellung
Darstellung der Preis- und Zinsentwicklung

Quelle: eigene Darstellung
Mieten können grundsätzlich jährlich um die Inflationsrate angepasst werden. Soll die Rendite über Mieterhöhungen erzielt werden, müssten diese für eine Rendite von 3,5% um rund +17% bzw. für eine Rendite von 4% sogar um ein Drittel vorgenommen werden. Mieterhöhungen sind in diesem Ausmaß jedoch nicht realistisch.