• Chinesische Konzerne treten inzwischen als größter globaler Investor auf, womit nun auch vom Reich der Mitte erwartet wird, seine Märkte für ausländische Investoren zu öffnen
  • Die Volksrepublik investiert vermehrt in europäische Unternehmen
  • Chinesischer Renminbi ist mittlerweile unter den fünf wichtigsten Weltwährungen angelangt
  • Die Anlageexperten der Schoellerbank haben vor Kurzem das Fremdwährungsportfolio um den Chinesischen Renminbi erweitert und die Währung mit 10% der Fremdwährungsallokation im Anleihebereich gewichtet
  • Investitionen am chinesischen Finanzmarkt sind für Privatanleger nach wie vor nur begrenzt möglich und sollten durch einen professionellen Vermögensverwalter begleitet werden
Schoellerbank Analysebrief Nr. 342 (PDF | 251 KB)
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"The Chinese Dream" - der Aufstieg Chinas

Ziel der chinesischen Regierung ist es, die Entwicklungslücke zu den Vereinigten Staaten und Europa zu schließen sowie China als Reich der Mitte in der Welt des 21. Jahrhunderts zu positionieren. Bis zum Jahr 2049, dem hundertsten Jahrestag der Gründung der Volksrepublik, soll das Land als dominierende Welt- und Wirtschaftssupermacht anerkannt sein. Das sogenannte chinesische Wirtschaftswunder, mit jährlichen BIP-Wachstumsraten von +9 bis +11%, hat jedoch bereits vor einigen Jahren geendet. Seit 2013 liegen die realen Wachstumsraten bei durchschnittlich "nur" noch +7,1%. Im Jahr 2016 betrug die Wachstumsrate +6,7%, was das kleinste Plus seit 26 Jahren bedeutete.

Dies zeigt eindrucksvoll, welch beachtliche Wirtschaftsentwicklung die mittlerweile zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hat. In diesem Jahr erwartet China dasselbe Wachstum wie im Vorjahr - es soll weiter ungefähr +6,5% betragen und damit rund dreimal so hoch sein wie in Deutschland. Bereits jetzt ist man mit jährlichen Exporten im Wert von USD 2,3 Bio. der mit Abstand größte Exporteur der Welt und schon 13 der 100 wertvollsten Unternehmen stammen aus China. Auch für Anleger aus der ganzen Welt ist von großem Interesse, welche Wachstumsvorgaben aus Peking kommen, denn: Die Volksrepublik war in den vergangenen Jahren eine wichtige Stütze der Weltwirtschaft.

BIP-Wachstum China und Eurozone

Quelle: Bloomberg

Quelle: Bloomberg

Kauflaune sorgt für Schuldenboom

China will erklärtermaßen die technologische Weltführung übernehmen. Bislang wurde dieses Ziel durch Übernahmen verwirklicht, was sich in Zukunft allerdings ändern soll, da die Transformation zur IT-Macht mit eigener Forschung längst begonnen hat. China ist inzwischen der größte Markt für fast alles - egal ob Auto oder Maschinen - doch das Wirtschaftswachstum wird zunehmend über Schulden finanziert. Der Schuldenberg des Privatsektors, insbesondere der Unternehmen, nimmt schwindelerregende Ausmaße an. Die gesamte Schuldenlast der Volksrepublik beträgt nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) 265% des Bruttoinlandsproduktes (siehe untenstehende Grafik).

Der Schuldenboom in der Volksrepublik hat auch direkte Auswirkungen auf Europa - spürbar durch chinesische Firmenübernahmen. Durch die Kauflaune der chinesischen Konzerne sind deren Schulden auf rund USD 20 Bio. gestiegen und haben damit etwa 160% des chinesischen Bruttoinlandsprodukts erreicht. Damit haben die Unternehmen ihre Verbindlichkeiten in den letzten 10 Jahren, seit Ausbruch der Finanzkrise, mehr als vervierfacht.

Staatsverschuldung Chinas in Prozent des BIP

Quelle: Bloomberg. Performanceergebnisse der Vergangenheit sollten zu Ihrer Information dienen, lassen jedoch keine Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen zu.

Quelle: Bloomberg. Performanceergebnisse der Vergangenheit sollten zu Ihrer Information dienen, lassen jedoch keine Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen zu.

Wo China investiert
Seit 2005 haben chinesische Investoren USD 335 Mrd. für europäische Unternehmen ausgegeben, davon alleine im Jahr 2017 etwa USD 100 Mrd. für 254 Unternehmen. Dabei hatte die Schweiz mit einem Investitionsvolumen von USD 45 Mrd. die Position als Spitzenreiter inne. Dies lag vor allem an der USD 43 Mrd. schweren Übernahme von Syngenta durch ChemChina, die damit auch die bis dato größte Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen darstellt. Damit übertrafen die Investitionen in den alten Kontinent jene gegenüber denen in die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr um rund das Vierfache. Nach einer Zeit großer Investitionen in Südeuropa kehrten chinesische Investoren nun in die größten europäischen Volkswirtschaften zurück. Auf das Vereinigte Königreich, Deutschland und Frankreich entfielen dabei fast 75% der gesamten EU-Investitionen, der höchste Anteil seit zehn Jahren. Ein Ausreißer waren die Niederlande, die durch die Übernahme des Standardproduktgeschäfts von NXP Semiconductors und zwei weiteren große Transaktionen auf Platz sechs kletterten (Beginn der Transaktionen im Jahr 2016). Die chinesischen Investitionen in Osteuropa blieben trotz der chinesischen "Belt and Road Initiative", also den Bestrebungen Chinas zum Aufbau eines interkontinentalen Handels- und Infrastruktur-Netzes, gering.

Die Investitionen in Deutschland sanken zwar im vergangenen Jahr, sind jedoch vor allem auf den Zeitpunkt großer Akquisitionen zurückzuführen. Deutschland ist nach wie vor ein beliebtes Investitionsziel, aber einige große Übernahmen wurden aufgrund von regulatorischen Verzögerungen oder anderen Gründen nicht abgeschlossen. Insgesamt waren unter den 10 größten Übernahmezielen zwei deutsche Unternehmen. Verkehr, Versorgung und Infrastruktur sind bei Chinas Investitionen in Europa zu den wichtigsten Sektoren geworden. Die größten Investitionen waren der Erwerb von Logicor (Logistiktochter von Blackstone) durch CIC, den chinesischen Staatsfonds, in Höhe von USD 13,79 Mrd., der Erwerb einer Beteiligung am britischen Gasverteilungsgeschäft, die Beteiligung von der chinesischen Unternehmensgruppe HNA an der Lager- und Logistikeinheit von Glencore und der Erwerb einer Beteiligung von COSCO, einer staatlichen Reederei, am Hafenbetreiber Noatum in Spanien.

Top 10 der größten Transaktionen chinesischer Unternehmen weltweit 2017

 InvestorVolumen in Mio.InvestitionszielSektorLandRegion
1China Reform Holdings, Chem ChinaUSD 43.060SyngentaAgrarSchweizEuropa
2CICUSD 13.790LogicorLogistikGroßbritannienEuropa
3HNAUSD 10.380CIT GroupTransportUSANordamerika
4Ping AnUSD 9.660HSBCFinanzGroßbritannienEuropa
5CEFCUSD 9.180RosneftEnergieRusslandWestasien
6Vanke, Hopu, Hillhouse, Bank of ChinaUSD 9.060Globa Logistics PropertyLogistikSingapurOstasien
7State GridUSD 3.440CPFLEnergieBrasilienSüdamerika
8Geely AutoUSD 3.270Volvo TrucksTransportSchwedenEuropa
9China Railway Corp, China Railway EngineeringUSD 2.560 TransportLaosOstasien
10State Power InvestmentUSD 2.260 EnergieBrasilienSüdamerika

Quelle: China Global Investment Tracker

Top 10 der größten Transaktionen chinesischer Unternehmen 2017 in Europa

 InvestorVolumen in Mio.InvestitionszielSektorLandRegion
1China Reform Holdings, Chem ChinaUSD 43.060SyngentaAgrarSchweizEuropa
2CICUSD 13.790LogicorLogistikGroßbritannienEuropa
3Ping AnUSD 9.660HSBCFinanzGroßbritannienEuropa
4Geely AutoUSD 3.270Volvo TrucksTransportSchwedenEuropa
5LegendUSD 1.760Qatar royal familyFinanzLuxemburgEuropa
6State Energy InvestmentUSD 1.640CopelouzosEnergieGriechenlandEuropa
7CC LandUSD 1.410British Land and Oxford PropertiesImmobilienGroßbritannienEuropa
8HNAUSD 1.360Deutsche BankFinanzDeutschlandEuropa
9HNAUSD 1.360DufryTourismusSchweizEuropa
10Beijing ZhonghuanUSD 1.240 TransportDeutschlandEuropa

Quelle: China Global Investment Tracker

Darum fließt das Geld nach Europa
Die wichtigste Entwicklung für Chinas weltweite Investitionen im Jahr 2017 war die Verringerung der privaten chinesischen Kapitalanlagen in den USA und im Gegenzug die Ausweitung der Investitionen staatlicher Unternehmen in Europa. Amerika möchte seine Rolle als unangefochtene Wirtschaftssupermacht nicht verlieren, wodurch das Konkurrenzverhältnis mit China zusehends beeinflusst wird. Und China möchte sich durch Übernahmen in den Herkunftsländern technologischer Marktführer neue Wege zum Wachstum eröffnen. Die Diskussion um mögliche unfaire Handelspraktiken sowie dem Umgang mit geistigem Eigentum und Innovationen dämpfen zudem die Beziehungen zwischen den USA und China. Durch diese inzwischen schwierigen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten konzentrieren sich chinesische Investoren immer mehr auf europäische Unternehmen und Infrastrukturprojekte.

Neben dem starken kommerziellen Interesse unterstützt auch das regulatorische Umfeld ein weiterhin, im Vergleich zu anderen Regionen, starkes chinesisches Investitionsniveau in Europa. Durch die Stabilisierung der Zahlungsbilanzsituation Chinas könnte Peking im Laufe des Jahres eine gewisse Lockerung der Kontrolle der Auslandsinvestitionen ermöglichen, da sich die Fundamentaldaten, die zu großen Kapitalabflüssen führten, nicht geändert haben. Während die EU selbst und einige Mitgliedsstaaten bei der Verschärfung der Sicherheitsüberprüfungsprozesse für ausländische Akquisitionen Fortschritte machen, sollten diese für chinesische Investitionen heuer noch nicht zu einem Hemmschuh werden. Dies bedeutet, dass es eine weitere Verschiebung chinesischen Kapitals von den Vereinigten Staaten nach Europa geben könnte.

Positive Auswirkungen chinesischer Investitionen auf europäische Unternehmen

  • In Deutschland sorgte im Jahr 2016 der Verkauf des Augsburger Roboterherstellers KUKA an die chinesische Firma Midea für Aufsehen. Durch eine Arbeitsplatzgarantie bis 2023 und der Öffnung zum weltgrößten Robotermarkt konnte das Unternehmen und auch seine Mitarbeiter bis dato profitieren.
  • Ein weiteres positives Beispiel stellt die Übernahme des schwedischen Autoherstellers Volvo durch die Geely Automobile Holding dar. Seit die Chinesen im Jahr 2010 bei dem damals schwächelnden Autokonzern eingestiegen sind, floriert das Geschäft und Volvo schreibt Jahr für Jahr Rekordzahlen. Es sind zwar Teile der Produktion nach Asien abgewandert, allerdings konnte der Mitarbeiterstand in Schweden um über 5.000 auf nun knapp 21.000 Personen erhöht werden.
  • Im Dezember 2017 hat sich die Geely Automobile Holding nun auch noch mit 8,2% bzw. fast USD 3,3 Mrd. beim Namensvetter Volvo Trucks engagiert. Und das noch relativ junge Unternehmen hat sich zudem auch noch überraschend heuer beim Stuttgarter Autohersteller Daimler beteiligt. Mit einer Investitionssumme von etwa EUR 7 Mrd. wurde Geely auf einen Schlag mit 9,7% der Aktien zum größten Anteilsinhaber des Traditionskonzerns.