Presseinformation, Wien/Salzburg, 2. Juli 2025
• Politik und Märkte driften zunehmend auseinander – Börsen trotz Zollchaos mit erstaunlicher Resilienz
• Europas Börsen nach wie vor auf der Überholspur, die USA sollten jedoch nicht abgeschrieben werden
• Die US-Dollar-Aufwertung scheint vor einem strukturellen Ende zu stehen. Der Status als sicherer Hafen hat offenbar an Gültigkeit verloren
Die Welt hielt den Atem an, als Donald Trump am 2. April im mit US-Flaggen dekorierten Rosengarten eine Schautafel mit Importzöllen präsentierte. Die Botschaften, die der US-Präsident im Rahmen des sogenannten Liberation Days aussendete, hatten durchaus das Potenzial, das globale Wirtschaftssystem in eine schwere Krise zu stürzen.
Eine protektionistische Außenpolitik schafft in der Regel keinen Wohlstand, sondern nur Verlierer:innen. Doch
Donald Trump hatte seine Rechnung ohne den
US-Anleihenmarkt gemacht: Während die Aktienmärkte deutlich korrigierten, trieb der Käuferstreik bei
US-Treasuries die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen kurzfristig um 0,5 % in die Höhe. Das klingt nicht nach viel, ist aber bei näherer Betrachtung von großer Bedeutung. Anders als in vielen Krisen der letzten Jahrzehnte flüchteten Anleger:innen diesmal nicht in den sicheren Anlagehafen der US-Staatsanleihen. Diese Entwicklung alarmierte die US-Administration, da steigende Zinsen das ohnehin schon enorme US-Haushaltsdefizit noch stärker ausweiten würden.
Steigende Anleiherenditen, fallende Aktienmärkte und eine hypernervöse Wall Street: ein Cocktail, der Donald Trump zum Rückzug bewog. Nur wenige Tage nach Inkrafttreten der Zollmaßnahmen erfolgte eine abrupte Kehrtwende. Die Strafzölle wurden vorerst für 90 Tage ausgesetzt. Sogar die exorbitanten Zölle von 145 % auf chinesische Einfuhren wurden letzten Endes wieder auf 30 % gesenkt.
Die Lehren aus dem erratischen Hin und Her
Letzten Endes haben die Finanzmärkte das erreicht, was keiner politischen Gegenstimme gelungen ist: Es waren die Finanzmärkte, die dafür sorgten, dass der amerikanische Präsident schlussendlich einlenkte. Diese Erkenntnis sollte Investor:innen Zuversicht geben, denn die Börsen sind eine enorm wichtige Instanz geworden, um politische Verwerfungen einzugrenzen.
Für Anleger:innen gilt es einmal mehr, in sehr volatilen Marktphasen einen kühlen Kopf zu bewahren und auf die Widerstandsfähigkeit der Finanzmärkte zu vertrauen. Börsen neigen zu Übertreibungen – nach oben und nach unten. Doch der größte Fehler wäre es, sich den Launen der Finanzmärkte allzu sehr hinzugeben und auf jedes mögliche politische Störfeuer zu reagieren. „Hin und her macht Taschen leer“ – eine viel zitierte Börsenweisheit, die jedoch in volatilen Märkten immer wieder ihre Gültigkeit unter Beweis stellt. Der Versuch, die besten Börsentage zu prognostizieren, ist ein wenig vielversprechendes Unterfangen, scheinbar geschicktes Market-Timing dementsprechend potenziell riskant. Marktteilnehmer:innen, die sich in Market-Timing versuchen, sollten bedenken, dass ein signifikanter Teil der langfristigen Rendite auf dem Aktienmarkt an wenigen – extrem starken – Handelstagen erzielt wird. Wer zu lange an der Seitenlinie steht, wird am Ende mit einer schwächeren Performance konfrontiert sein.
Anleger:innen, die von Anfang 2005 bis Ende 2024 in den amerikanischen Leitindex S&P 500 investierten, erzielten eine durchschnittliche Rendite von 10,4 % pro Jahr. Wer in diesem Zeitraum lediglich die zehn besten Tage versäumt hat, kommt auf eine durchschnittliche Performance von nur mehr 6,1 %. Hat man die zwanzig besten Börsentage versäumt, reduziert sich die Performance gar auf 3,5 % pro Jahr.
Es ist gewiss klüger, dauerhaft in qualitativ hochwertigen Unternehmen investiert zu sein. Langfristige Kurssteigerungen an den Börsen gehen naturgemäß mit temporären Korrekturen einher.
Ein Blick nach vorne
Aktuell ist erneut ein erstaunliches Phänomen auf den Finanzmärkten zu beobachten: Die Börsen klettern selbstbewusst die „Wall of Worry“ (Wand der Sorgen) nach oben. Trotz vieler negativer Nachrichten zeigen sich die Aktienmärkte erstaunlich widerstandsfähig. Natürlich gilt es immer, mögliche Risiken gegenüber den Chancen abzuwägen, und mögliche Spielverderber gibt es zuhauf: Steigende Staatsverschuldung, Zollstreitigkeiten und globale Krisenherde haben allesamt das Potenzial, die
Finanzmärkte zu irritieren. Doch trotz dieser Ängste und Sorgen steigen die Aktienmärkte wieder in Richtung Gewinnzone. Auch die jüngste Eskalation des Iran-Konfliktes hat die Finanzmärkte nur kurz – und im Wesentlichen auf den Ölmarkt begrenzt – in Aufruhr versetzt. Ob es sich hier lediglich um viele unvernünftige Spekulant:innen handelt, die die aktuellen Risiken verklären, oder ob der Aktienmarkt die Chancen der heutigen Zeit richtig deutet, wird die Zukunft zeigen. Die jüngsten Börsenentwicklungen werten wir als Plädoyer für grundlegendes Vertrauen in die Stärke der Kapitalmärkte.
Europa auf der Überholspur
Europa hat das Momentum nach wie vor auf seiner Seite. Die Rotation weg von US-Aktien hin zu europäischen
Aktienmärkten hat sich im Zuge der Zollstreitigkeiten noch weiter beschleunigt. Die ersten fünf Monate des Jahres haben einen Nettozufluss von fast 50 Milliarden Euro in europäische Aktienfonds gebracht – eine Dynamik, die in dieser Größenordnung zuletzt vor zehn Jahren zu
beobachten war.
Dennoch muss der alte Kontinent nun aber beweisen, dass die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind und die strategische Neuausrichtung in Verteidigung, Energie und einer verbesserten Industriepolitik gelingt. Große Fiskalpakete allein werden nicht ausreichen, um die Wachstumslücke zu den USA und anderen Regionen zu schließen. Wir sind jedoch überzeugt, dass Europa die Zeichen der Zeit erkannt hat und weiterhin interessante Investmentchancen bietet.
Anders zeigt sich die Situation in den USA. Das Narrativ des US-Exzeptionalismus gerät immer mehr unter Druck. Wir sind schon seit geraumer Zeit etwas vorsichtiger für den US-Aktienmarkt. Dies hat sich im laufenden Jahr bezahlt gemacht. Neben einer schwächeren Aktienmarktentwicklung leiden heimische Anleger:innen vor allem unter der ausgeprägten Dollar-Schwäche im heurigen Jahr. Dennoch bleiben die USA die höchstgewichtete Region in unserer Aktienallokation – zu Recht, denn die US-Börsen sind noch immer die weltweit bedeutendsten. Viele der profitabelsten Qualitätsunternehmen mit langfristiger Wachstumsperspektive kommen aus den Vereinigten Staaten. Trotz der salonfähig gewordenen Losung „Sell America“ warnen wir vor zu viel Pessimismus. Viele US-Unternehmen sind innovative Marktführer, die sich kontinuierlich Wettbewerbsvorteile erarbeitet haben. An diesen Unternehmen gilt es weiterhin festzuhalten.
Abseits der etablierten Märkte bieten auch Schwellenländer eine spannende und attraktive Perspektive. Die Bewertungen sind günstiger als in vielen Industrieländern und das Gewinnwachstum deutlich höher. Das Wachstum wird von einer günstigen demografischen Entwicklung und wachsenden Mittelschichten getragen. Zudem profitieren viele Länder in Südostasien von der Verlagerung globaler Handelsketten. Wir setzen sowohl im Aktien- als auch im Anleihenbereich auf die Beimischung von Schwellenländern und erwarten uns weiterhin einen positiven Performancebeitrag.
Chancen auch bei Anleihen
Auch Zinspapiere können weiterhin mit einem attraktiven Chancen-Risiko-Profil aufwarten. Sollte sich die konjunkturelle Entwicklung stärker als erwartet eintrüben, bieten qualitativ hochwertige Anleihen einen Puffer gegen fallende Aktienkurse. Auch seitens der Notenbanken sollten Anleihenkurse gut unterstützt bleiben. Die EZB befindet sich nach wie vor in einem intakten Zinssenkungszyklus. Im Jahresverlauf ist eine weitere Zinssenkung eingepreist.
Ein gut diversifiziertes Anleihenportfolio bietet heute
Renditen von annähernd 3 %. Bei einer aktuellen Inflationserwartung von durchschnittlich 1,90 % in den nächsten fünf Jahren ergibt das eine komfortable positive Realrendite. Zusätzlich sichern wir diese niedrige eingepreiste Inflation zumindest teilweise in unseren Portfolios ab: Es erscheint uns zu optimistisch, dass die Preise in den kommenden Jahren in Europa im Durchschnitt nur um 1,9 % pro Jahr steigen werden. Taktisch mag die schwache Konjunktur diese Situation zwar erklären. Mittelfristig sehen wir aber einige Gründe, die für Preisanstiege im Bereich der Notenbank-Erwartungen (2 % p. a.) oder sogar leicht darüber sprechen: Energiepreise, immer stärker aufkeimender Protektionismus oder die bekannte demografische Entwicklung in vielen entwickelten Ländern sind in der Lage, die Inflation anzufachen. Auch die jüngste Entwicklung im Nahen Osten mit potenziellen Auswirkungen auf den Ölpreis offenbart die Fragilität einer stabilen Inflationsrate im Bereich des Notenbankziels von 2 %.
Sorgenkind US-Dollar
Eines der meistdiskutierten Themen ist momentan die Schwäche des US-Dollars. Im Gegensatz zu früheren Krisen konnte der Greenback in den Wochen erhöhter Unsicherheit nicht profitieren. Üblicherweise wird der
US-Dollar in diesen „Risk-Off-Phasen“ von globalen Investor:innen als sicherer Anlagehafen gesucht. Auch in der darauffolgenden starken Aktienerholung konnte der
US-Dollar nicht aufwerten. Zunehmend mehren sich unter Investor:innen Stimmen, die die langfristige Rolle des US-Dollars als globale Reservewährung hinterfragen.
Auch wir blicken mit einer gewissen Zurückhaltung auf die weitere Entwicklung des US-Dollars. Institutionelle Investoren beginnen mehr und mehr, ihre Dollaranlagen abzusichern. Eine Währungsabsicherung erfolgt in der Regel über den Verkauf der Währung auf Termin. Eine prolongierte Schwäche des Dollars scheint damit auch aus technischer Sicht sehr wahrscheinlich. Aus diesem Grund werden auch wir das Dollar-Risiko in unseren Portfolios etwas reduzieren. Neben einer Teilabsicherung im Aktienbereich erfolgt eine weitere Reduktion von US-Staatsanleihen in unserer Fremdwährungsanleihen-Strategie.
Dennoch ist Panik fehl am Platz. Der Markt für US-Staatsanleihen ist der liquideste der Welt, und ein überwiegender Anteil des globalen Waren- und Güterhandels wird in US-Dollar abgerechnet. Ob und wie schnell eine etwaige „Entdollarisierung“ voranschreitet, werden die nächsten Monate zeigen.
Fazit
Die strategische Aktienquote in der Schoellerbank Vermögensverwaltung liegt bei „Neutral“. Vielen Risiken stehen ebenso viele Chancen gegenüber – eine „neutrale“ Ausrichtung ist die logische Folge. Zuletzt erfolgte eine leichte Anpassung in der Bandbreite nach oben.
Auf dem Aktienmarkt könnten sich in den kommenden Monaten jedoch durchaus wieder Gelegenheiten für Neuinvestitionen ergeben. Die attraktive laufende Rendite auf dem Anleihenmarkt erleichtert das Abwarten dieser Gelegenheiten. An unserer langfristigen Einschätzung hat sich nichts geändert: Mit einem diversifizierten Portfolio von erstklassigen Aktien haben Anleger:innen die weitaus besten Chancen, ihr Kapital nach Inflation, Steuern und Kosten zu erhalten bzw. zu vermehren.
Mag. Thomas Kössler
Investment Strategy – Anleihen
Schoellerbank AG
Tel.: +43/662/8684-2676
thomas.koessler@schoellerbank.at
Rückfragen bitte auch an:
Marcus Hirschvogl, BA, ACI OC
Pressesprecher, Media Relations & Executive Communications
Kommunikation und PR
Schoellerbank AG
Tel.: +43/1/534 71-2950
1010 Wien, Renngasse 3
marcus.hirschvogl@schoellerbank.at
Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs und gilt als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Wealth Advisory. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto „Investieren statt Spekulieren“. Die Schoellerbank ist mit acht Standorten und 320 Mitarbeiter:innen die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger:innen ein Vermögen von mehr als 13 Milliarden Euro.
Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria und das Kompetenzzentrum der UniCredit für Wealth Management in Österreich. Mehr Informationen unter www.schoellerbank.at.
Diesen Text sowie weitere Presseinformationen finden Sie im Internet auf unserer Presseseite.