Nachdem vermutlich zu lange am Dogma, die Inflationsentwicklung sei temporär, festgehalten wurde, stecken die Notenbanken nun in einer Zwickmühle: Die Teuerungsrate ist angestiegen, doch die ebenfalls steigenden Zinsen gefährden die Finanzmarktstabilität. In bisher nicht gekannter Geschwindigkeit wurden die Leitzinsen in den USA von 0 % auf 5 % angehoben Tendenz weiter eher steigend. Auch diesseits des Atlantiks stieg die Inflation auf über 10 %, und die Leitzinsen wurden auf aktuell 3,5 % erhöht.
Als Liquiditätssorgen um einige US-Banken die Runde machten, zogen viele Kund:innen ihre Gelder von den Bankkonten ab. Die betroffenen Banken hatten ihrerseits Staatsanleihen in den Büchern, die sie, um die Kundenanforderungen zu erfüllen, mit Verlust verkaufen mussten (Stichwort: steigende Zinsen - fallende Kurse). Als die Kapitalanforderungen der Kund:innen immer größer wurden, konnten diese nicht mehr bedient werden, und es mussten teilweise staatliche Stellen einspringen.
Das Problem ist nun: Zum einen müssen die Inflationsniveaus gesenkt und damit die Leitzinsen weiter angehoben werden, zum anderen darf man damit die Finanzstabilität nicht beeinträchtigen und damit riskieren, möglichweise weitere Banken ins Wanken zu bringen. Zusätzlich werfen erstmals seit vielen Jahren auch Geldmarktpapiere wieder attraktive und risikolose Renditen ab, was die Gefahr weiterer Kapitalabflüsse bei den Banken erhöht.
Das oben beschriebene Dilemma ist verstärkt in den USA aufgetreten, doch auch in Europa herrscht angesichts der Vorgänge in der Schweiz Unruhe. In der Folge begannen die Märkte, eine Zinspause oder sogar Zinssenkungen einzupreisen, während die Notenbanken weiter höhere Zinsen in Aussicht stellen.
Jetzt das Ende der quantitativen Straffung auszurufen, erscheint aber etwas verfrüht. In Großbritannien musste jüngst die Zentralbank temporär mit Liquidität unterstützen, als Pensionsfonds wegen der gestiegenen Zinsen unter Druck kamen. Den Zinsanhebungspfad setzte man dennoch fort. Es ist daher davon auszugehen, dass die westlichen Zentralbanken die Finanzkonditionen trotz der jüngsten Bankenturbulenzen vorsichtig und datenabhängig weiter straffen werden, bis die gewünschten Abkühlungserscheinungen eintreten. Die US-Notenbank Fed hat kommuniziert, die Zinsen noch einmal anheben zu wollen.
Betrachtet man die Historie, kommt es infolge solcher Straffungszyklen oft zu einer Rezession. Zuerst kommen unprofitable und stark fremdfinanzierte Unternehmen unter Druck, deren Zinslast zu groß wird. Viele dieser Unternehmen haben im letzten Jahr bereits 50 % und mehr ihres Marktwertes verloren, signifikante Ausfälle gab es aber noch nicht. Auch bei den großen Unternehmen beginnen die Margen zu sinken, und die Gewinne schrumpfen. Kursverluste sind die Folge.
Sollte man also in Erwartung eines Bärenmarktes Aktien verkaufen und später wieder einsteigen?
Mitnichten! Erstens muss festgehalten werden, dass oben dargestelltes Szenario einer Rezession mit angeschlossenem Bärenmarkt keine ausgemachte Sache ist und die Rezession auch nur mild ausfallen könnte.
Zweitens: Betrachtet man die langfristigen Erträge unterschiedlicher Assetklassen, ist es rein aus Performancegründen vernünftig, mit einem gewissen Anteil immer auf dem Aktienmarkt investiert zu bleiben.
Nehmen wir z. B. den Dow-Jones-Index während der letzten 100 Jahre: Aus 100 investierten US-Dollar am 31. März 1923 wurden 230.000 US-Dollar. In dieser Zeit gab es Rezessionen, Depressionen, Bankenturbulenzen, Inflation, Kriege, steigende Zinsen, fallende Zinsen, eine Pandemie usw. Dennoch legte der US-Aktienmarkt inkl. Dividenden um durchschnittlich gut 8 % pro Jahr zu.
Während der letzten 50 Jahre betrug das durchschnittliche Plus p. a. sogar knapp 11 % und während der letzten 20 Jahre knapp 10 %. Solche Renditen lassen sich nur realisieren, wenn man langfristig denkt, investiert war und sich nicht von äußeren Einflüssen verunsichern ließ.
Drittens sollten sich Anleger:innen nicht der riskanten Illusion hingeben, den perfekten Ein- oder Ausstiegszeitpunkt erwischen zu können.
Die meisten Anleger:innen haben sicher schon einmal eine Investition unter folgender Annahme hinausgeschoben: "Aktuell sind die Konjunkturaussichten so schlecht, die Aktienkurse werden sicher fallen". Kommt es tatsächlich zu der erwarteten Korrektur, fehlt oft der Mut, die nun günstigeren Kurse für einen Einstieg zu nutzen.
Steigen die Kurse hingegen, könnte der Gedankengang wie folgt aussehen: "Die Kurse sind jetzt schon so stark gestiegen, ich warte auf einen Rücksetzer und kaufe dann." Oft lässt dieser Rücksetzer aber lange auf sich warten. Jüngstes Beispiel dafür ist der Bullenmarkt nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, dessen Stärke wohl nur die wenigsten für möglich gehalten hätten.
Vermutlich kostet das Warten auf den perfekten Einstiegszeitpunkt mehr entgangene Performance, als das tatsächliche Minus während der vorhergesagten Korrektur ausgemacht hätte.
Die "Behavioral Finance" beschäftigt sich mit den Emotionen von Anleger:innen und kommt zu dem Schluss, dass es oft sinnvoller ist, das Gegenteil von dem zu machen, was sich gerade am besten und bequemsten anfühlt.
In der Schoellerbank beziehen wir dieses Wissen seit mittlerweile drei Jahrzehnten mit ein und haben auf Basis unserer langjährigen Expertise schon zahlreiche Krisen erfolgreich gemeistert. In der professionellen Vermögens-verwaltung entscheiden wir nicht auf Basis von Emotionen, sondern verfolgen konsequent einen auf Sicherheit, Qualität und Bewertung fokussierten Investmentprozess. Unserer Erfahrung nach bewährt sich diese Strategie gerade in schwierigen Marktphasen am besten, da solide Unternehmen mit starken Wettbewerbsvorteilen besonders dann ihre Stärken ausspielen.
Zusätzlich interpretieren wir Sentimentindikatoren, die die Ausprägung von Euphorie und Panik aufzeigen, oft antizyklisch. An Extremwerten positionieren wir uns daher gerne entgegengesetzt zur Marktstimmung.
Fazit:
Es gibt immer irgendwo Krisen. Aktuell beschäftigen sich die Märkte mit Bankenturbulenzen oder einer potenziellen Rezession, die zugegebenermaßen historisch gut begründet ist. Davor waren es im vergangenen Jahr der russische Angriffskrieg in der Ukraine und im Jahr 2020 ein Virus, das die Kraft hatte, die Welt zum Stillstand zu bringen. In solchen Marktphasen sollte man sich nicht von der Panik anstecken lassen, sondern in Qualitätsaktien investieren bzw. investiert bleiben. Denn für den langfristigen Vermögensaufbau - und hier ist die Geschichte eindeutig - führt kein Weg an hochwertigen Aktieninvestments vorbei.
Mag. Michael Penninger
Investment Management & Strategy Equity
Schoellerbank AG
Hinweis: Schoellerbank AG, Stand 31. März 2023
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Stand: 31. März 2023
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