Der Song "The first cut is the deepest" von Cat Stevens könnte das Motto der US-Notenbank gewesen sein, als sie Mitte September den Zinssenkungszyklus mit einer Reduzierung des Leitzinses um 0,5 % einläutete. Der Leitzins fiel auf 4,75 % (untere Bandbreite). Dabei wurde betont, dass nicht geplant sei, die Zinsen weiterhin in solch großen Schritten zu senken, sondern künftig eher um 0,25 %. Der Zinsmarkt rechnet in den nächsten zwölf Monaten mit weiteren Zinssenkungen. Bis Ende 2025 wird ein Leitzins von knapp unter 3 % erwartet. Der Aktienmarkt reagierte positiv auf die sinkenden Zinsen, da diese für Aktien gleich mehrfach vorteilhaft sind: Sie senken die Finanzierungskosten für Unternehmen, fördern den Konsum durch günstigere Kredite und machen Aktien im Vergleich zu Anleihen attraktiver. Steigende Aktienkurse erhöhen den Wohlstand der Anleger:innen, was den Konsum weiter ankurbelt. Dieser Kreislauf aus Wachstum und Wohlstand scheint fast zu schön, um von Dauer zu sein. Doch es sind genau diese Faktoren - niedrige Zinsen, steigender Konsum und die relative Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen -, die in den letzten 16 Jahren, seit der Finanzkrise im Jahr 2008, die Börsen beflügelt haben. Die positive Dynamik hat dazu geführt, dass viele Anleger:innen sich auf weiter steigende Kurse verlassen und ihre Investitionen entsprechend ausrichten. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die vor möglichen Risiken an den Finanzmärkten warnen: Die jahrelange Abhängigkeit von günstigen Finanzierungsbedingungen hat zu Ungleichgewichten geführt. Faktoren wie die hohe Verschuldung von Staaten und Unternehmen, geopolitische Spannungen oder unerwartete Schwankungen an den Währungs- und Finanzmärkten können die Stabilität gefährden.
In diesem Kapitalmarktausblick untersuchen die Expert:innen der Schoellerbank einige wichtige negativen Faktoren genauer. Sind das nur Unkenrufe oder ist etwas dran?
Saisonalität: Der September ist besser als sein Ruf
Der September hat bei Aktionär:innen einen schlechten Ruf, da er statistisch der schwächste Börsenmonat des Jahres ist. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs war der S&P 500 in jedem Monat im Durchschnitt positiv - außer im September. Große Krisen wie der 11. September 2001 und die Lehman-Pleite verstärkten diesen Trend. Selbst ohne diese Ereignisse bleibt der September ein im langjährigen Schnitt negativer Aktienmonat. Doch: Dieses Jahr hat der September gegen den Trend positiv abgeschlossen.
Übrigens: Die stärksten Monate heißen laut Statistik November und Dezember.
Künstliche Intelligenz: Der Blase geht die Luft aus
Seit Juni wird die Dominanz der "Glorreichen Sieben" im Tech-Sektor hinterfragt. Die Euphorie rund um Künstliche Intelligenz hat nachgelassen, und der breitere Markt holt auf. Dies erinnert an das Platzen der Internetblase zur Jahrtausendwende. Immer wenn neue Technologien aufkommen, reagiert der Markt zunächst mit Begeisterung, doch wenn die Kurse ausreichend weit über jegliche realistische Bewertung hinausgeschossen sind, folgt die Ernüchterung. Roy Amara - der 2007 verstorbene Wissenschaftler und Vorsitzende des Institute for the Future - formulierte es treffend: "Wir neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie kurzfristig zu überschätzen und langfristig zu unterschätzen." Jetzt scheint für die Künstliche Intelligenz die Phase der Unterschätzung zu beginnen. Nicht jede Kursblase endet im Crash. Während der Dotcom-Blase waren viele Firmen überschuldet und kaum profitabel. Heute hingegen gehören die "Glorreichen Sieben" zu den profitabelsten Unternehmen weltweit. Obwohl der breite Markt abseits der "Glorreichen Sieben" aufholt, wäre es angesichts ihrer Marktdominanz unklug, diese Firmen komplett zu ignorieren.
US-Wahlen als Nervenkrimi
Die US-Innenpolitik übertrifft die Dramatik von "House of Cards". Nach der missglückten Debatte im Juni, die Joe Biden zum Rückzug bewegte, wurde Kamala Harris neue Kandidatin der Demokratischen Partei. Damit haben sich die Karten im Rennen um das Präsidentenamt neu gemischt. Fast in den Hintergrund gerückt ist das zweite Drama der US-Politik: der versuchte Mordanschlag auf Donald Trump. Auf dem Parteitag im Juli wurde Trump noch als Überlebender eines Attentats und klarer Favorit im Wettlauf um das Weiße Haus gefeiert, doch nun sind die Vertreter:innen der Republikanischen Partei nicht mehr so siegessicher.
Anleger:innen sollten angesichts dieses politischen Dramas zwei Punkte beachten. Erstens, die Wahl ist noch über einen Monat entfernt - in der politischen Welt eine Ewigkeit. Die Chancen beider Kandidat:innen sind intakt. Und neue Entwicklungen könnten die Wahl in unvorhersehbare Bahnen lenken. Die Entscheidung wird in einigen Swing-States - also US-Bundesstaaten, in denen beide große Parteien gute Chancen auf den Wahlsieg haben - fallen, die zudem oft in wirtschaftlich benachteiligten Regionen liegen. In diesen Staaten sind bereits viele Wähler:innen festgelegt, sodass nur ein kleiner Teil der Wahlberechtigten die Wahl letztlich entscheidet.
Zweitens, selbst Wahlen mit globaler Bedeutung wie die US-Präsidentschaftswahl haben oft nur begrenzten Einfluss auf die Börsen. Anleger:innen analysieren die möglichen Folgen einer demokratischen Präsidentin oder eines republikanischen Präsidenten. Doch eine weitere Unsicherheit besteht in den Wahlen zum Repräsentantenhaus: Wird der:die gewählte Präsident:in über die nötigen Mehrheiten verfügen, um Wahlversprechen umzusetzen? Darüber hinaus werden die geopolitischen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten, die sich abschwächende US-Wirtschaft und das hohe Haushaltsdefizit zentrale Themen sein, welche vielleicht die Prioritäten eines:einer frisch gewählten Präsidenten:Präsidentin neu ordnen.
Statistiken zeigen, dass die Monate vor einer US-Wahl, die stets Anfang November stattfindet, oft von Unsicherheit und gemischter Marktperformance geprägt sind. Nach der Wahl hingegen verzeichnen die Börsen häufig einen deutlichen Aufschwung. Dabei scheint es keine große Rolle zu spielen, welche:r Kandidat:in oder welche Partei den Urnengang gewinnt. Es gab auch Wahljahre, in denen der Aktienmarkt stark negativ reagierte und die Wahl kaum Einfluss auf die Entwicklungen hatte - wie beispielsweise in den Krisenjahren 2000 und 2008.
Japan trotz Währungskrise interessant
Der japanische Finanzmarkt war in den vergangenen Monaten besonders schwankungsintensiv. Bereits in den letzten Jahren zeigte sich der Yen schwach. Während westliche Notenbanken seit 2022 die Zinsen drastisch erhöhten, hielt die Bank of Japan an ihrer Nullzinspolitik fest. Dadurch verlor der Yen dramatisch an Wert - von Anfang 2022 bis Ende Juni 2024 rund 29 % gegenüber dem US-Dollar und etwa 26 % gegenüber dem Euro. Als die japanische Notenbank im Juli die Zinsen auf 0,25 % anhob, wertete der Yen plötzlich um rund 14 % gegenüber dem US-Dollar auf (per 30.9.2024).
Um die Tragweite dieser Bewegung zu verstehen: Der Devisenmarkt ist der größte Handelsplatz der Welt. Täglich werden dort Devisen im Gegenwert von über sechs Billionen US-Dollar gehandelt. Das stellt die internationalen Aktienmärkte in puncto Handelsvolumen weit in den Schatten. Der Yen ist nach dem US-Dollar und dem Euro die drittmeistgehandelte Währung, auf die etwa 20 % aller Transaktionen entfallen.
Spekulant:innen nutzten den liquiden Yen-Markt, um sich zu verschulden - den sogenannten Yen-Carry-Trade. Sie verkauften Yen und investierten den Erlös in spekulative Aktien oder andere Anlagen. Diese Strategie war durch niedrige Zinsen und den schwachen Yen äußerst profitabel. Doch die plötzliche Yen-Aufwertung zwang
viele, ihre Positionen aufzulösen, was zu starken Turbulenzen an den Finanzmärkten führte.
Inzwischen hat sich die Lage etwas beruhigt, aber Entwarnung ist verfrüht. Es bleibt unklar, ob die Mehrheit der Yen-Carry-Positionen bereits aufgelöst wurde und ob das Aufwertungspotenzial des Yens ausgeschöpft ist.
Der japanische Aktienmarkt wurde in Mitleidenschaft gezogen, bleibt jedoch aus Sicht der Schoellerbank Anlageexpert:innen attraktiv. In den letzten Jahren haben japanische Unternehmen umfangreiche Reformen umgesetzt, um die Profitabilität zu steigern und die Aktionär:innen stärker am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen plant, in diesem Jahr die Dividenden zu erhöhen - ein Wert, der deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegt. Besonders bemerkenswert ist der Anstieg der Aktienrückkäufe, die 2023 erstmals die Marke von zehn Billionen Yen überschritten haben und erneut einen Rekordwert erreichten. Dies zeigt nicht nur die starke Unternehmensleistung, sondern auch den wachsenden Fokus auf kapitaleffizientes Management.
Gold als Krisenwährung
Der Goldpreis zieht die Aufmerksamkeit der Anleger:innen auf sich, denn er ist heuer um fast 29 % gestiegen - stärker als die meisten Aktienindizes (in US-Dollar per 30.9.2024). Dies deutet auf eine gewisse Nervosität hin, da Gold oft als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten gilt. In Krisen wie dem 11. September 2001, der Lehman-Pleite oder der Covid-Pandemie war Gold stark nachgefragt.
Ist der steigende Goldpreis hingegen ein Frühindikator für einen schwachen Aktienmarkt? Das lässt sich kaum belegen. Was den Goldpreis antreibt, sind sinkende Zinsen und die Sorge um unausgeglichene Staatshaushalte und hohe Verschuldung. Nach Jahrzehnten wachsender Vermögenswerte und steigender Schulden fragen sich viele Anleger:innen, ob das noch tragfähig ist.
Fazit
Das Glas ist noch mehr als halb voll: Sinkende Zinsen, eine inzwischen wieder moderatere Inflation und die nach wie vor robuste US-Wirtschaft wirken als klare positive Treiber auf die Aktienmärkte. Auch saisonale Trends dürften die Aktienmärkte in den letzten Monaten des Jahres 2024 begünstigen. In der Vermögensverwaltung der Schoellerbank wurden die Aktienpositionen kürzlich erhöht, um von der weiterhin positiven Entwicklung an den Märkten zu profitieren.
Optimismus darf aber nicht mit Sorglosigkeit verwechselt werden. Es mehren sich Signale, dass sich das Umfeld an den Finanzmärkten wandeln könnte. Solche Veränderungen können rasch eintreten und sich belastend auf die Aktienkurse auswirken. Daher ist es entscheidend, auf Qualität und eine angemessene Bewertung der Anlagen zu achten, um auch in einem volatilen Umfeld optimal positioniert zu sein.
Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs und gilt als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Wealth Planning. Ihre Anlagephiloso definiert sich über das Motto "investieren statt spekulieren" Die Schoellerbank ist mit acht Standorten und 350 Mitarbeiter:innen die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger:innen ein Vermögen von mehr als 12 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria und das Kompetenzzentrum der UniCredit für Wealth Management in Österreich. Mehr Informationen unter www.schoellerbank.at
Mag. (FH) Jakob Frauenschuh, CFA
Investment Strategy - Leiter Aktien
Schoellerbank AG
Hinweis: Schoellerbank AG, Stand 1. Oktoberi 2024
Das sollten Sie als Anleger:in beachten wichtige Risikohinweise:
Jede Kapitalveranlagung ist mit einem Risiko verbunden. Wert und Rendite einer Anlage können plötzlich und in erheblichem Umfang steigen oder fallen und können nicht garantiert werden. Auch Währungsschwankungen können die Entwicklung des Investments beeinflussen. Es besteht die Möglichkeit, dass der:die Anleger:in nicht die gesamte investierte Summe zurückerhält, unter anderem dann, wenn die Kapitalanlage nur für kurze Zeit besteht. Unter außergewöhnlichen Umständen kann es bis zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals samt Kaufspesen kommen. Wir weisen darauf hin, dass sich die Zahlenangaben bzw. Angaben zur Wertentwicklung auf die Vergangenheit beziehen und dass die frühere Wertentwicklung kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse ist. Gebühren und steuerliche Aufwendungen können die angeführten Performancezahlen reduzieren
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Stand: 01. Oktober 2024
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