Die meisten Menschen gehen davon aus, dass ihre Kinder erst dann zu Erben werden, wenn sie sich bereits längst in einem fortgeschrittenen oder zumindest erwachsenen Alter befinden. Deshalb wird die Erbschaftsplanung von den Eltern meist hintangestellt, befindet man sich doch oftmals selbst gerade erst in der Mitte des Lebens. Doch leider erfüllt sich diese Idealvorstellung des langen Zusammenlebens in der Realität nicht immer und das Ableben passiert ganz plötzlich aufgrund eines Unfalls, einer schweren, kurzen Krankheit oder durch andere tragische Umstände.
Was passiert nun mit dem Erbe bzw. dem Vermögen, wenn Minderjährige erben und die Erbschaftsplanung nicht bereits erfolgt ist? Wer schaut eigentlich auf den Vermögenserhalt im Sinne der Kinder? Es lohnt sich ein genauerer Blick aufgrund des Umfanges und der Komplexität des Themas.
Wenn Minderjährige erben
Bei der Beteiligung von minderjährigen Erben gelten zu ihrem Schutz folgende Sondervorschriften, welche in der Regel zu einem aufwendigeren und kostenintensiveren Verlassenschaftsverfahren führen:
- Wenn zumindest ein Erbe oder Pflichtteilsberechtigter minderjährig ist, ist verpflichtend ein Inventar - also eine detaillierte Aufstellung über das Kindesvermögen - zu errichten und das gesamte Nachlassvermögen zu schätzen.
- Im Verlassenschaftsverfahren wird unter gewissen Voraussetzungen ein Kollisionskurator bestellt. Der minderjährige Erbe ist an sich nicht verfahrensfähig und braucht somit im Verlassenschaftsverfahren einen Vertreter. In der Regel ist der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen ebenfalls Partei und somit ist aufgrund dieser Interessenskollision eine Vertretung im Verfahren untersagt. In diesem Fall ist dem minderjährigen Erben oder Pflichtteilsberechtigten vom Gericht ein Kollisionskurator zu bestellen. Dieser wird im Abhandlungsverfahren zum gesetzlichen Vertreter des Kindes und wahrt dessen Interessen.
- Nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens gibt es häufig Erschwernisse, da die weitere Verwaltung des geerbten Kindesvermögens unter der Aufsicht des Pflegschaftsgerichts steht. Vermögensangelegenheiten des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs (wie z. B. jede größere Veranlagung, Immobiliengeschäfte) können somit nur mit der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung erfolgen und müssen ausschließlich im Interesse und somit zum Wohl des Minderjährigen sein. Dies kann zu mitunter recht komplizierten und verzögerten Entscheidungen führen.
Das minderjährige Kind kann aufgrund der nicht vollen Geschäftsfähigkeit bis zu seinem 18. Geburtstag nicht unmittelbar über seine geerbten Vermögensgegenstände verfügen. Das bedeutet, dass er das Geld nicht nach Belieben verbrauchen kann. Die Eltern haben sich somit stellvertretend um das Vermögen des Kindes zu sorgen. Allerdings darf ein Elternteil das Kindesvermögen nur mit gewissen Einschränkungen verwalten. Dabei hat stets das Kindeswohl im Vordergrund zu stehen.
So müssen nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung die Eltern das Geld des Kindes mündelsicher anlegen. Die gesetzlichen Bestimmungen regeln genau, welche Anlagemöglichkeiten geeignet sind und wie Mündelgeld sicher und möglichst "fruchtbringend" anzulegen ist. Die mündelsichere Veranlagung ist allerdings im aktuellen Zinsumfeld mit hohem Wertverlust verbunden, da das Gesetz nur sehr eingeschränkte, klassische Veranlagungen erlaubt. Weitere Schutzmechanismen zugunsten des Kindes bestehen z. B. durch die Genehmigungspflicht bestimmter, wichtiger Rechtsgeschäfte und die Aufsicht durch das Pflegschaftsgericht.
Welche Rechtsgeschäfte des gesetzlichen Vertreters unterliegen der gerichtlichen Kontrolle?
Vertretungshandlungen in Vermögensangelegenheiten bedürfen der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts, wenn der Verkehrswert der einzelnen Sache voraussichtlich mehr als 1.000 Euro oder die Summe der Werte der zur Verwertung bestimmten Sachen voraussichtlich mehr als 10.000 Euro beträgt. Genehmigungsbedürftige Vermögensangelegenheiten des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs sind z. B. Immobiliengeschäfte, Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit Unternehmen, der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte Erbantrittserklärung oder die Ausschlagung einer Erbschaft, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines Schenkungsanbots, die Anlage von nicht mündelsicherem Geld sowie die Erhebung einer Klage und alle verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich betreffen.
Möglichkeiten der Vorsorge für minderjährige Erben
Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Vorsorgeregelung bei minderjährigen Erben sinnvoll zu gestalten.
- Wer Erziehungsberechtigter für minderjährige Kinder ist, kann in der letztwilligen Verfügung einen Obsorgeberechtigten benennen, der nach seinem Ableben die Erziehung und Vermögensverwaltung für die Kinder bis zur Volljährigkeit wahrnimmt.
- Für den Fall, dass die Kinder durch das Ableben beider Elternteile plötzlich zu Waisen werden, ist die Benennung eines Obsorgeberechtigten im Testament besonders empfehlenswert. Somit wird sichergestellt, dass das Pflegschaftsgericht keine Person bestimmt, die nicht im Sinne des Erblassers ist. Die persönlich ausgewählte Vertrauensperson ist dann für die Personen- und Vermögenssorge zuständig und kann somit im Rahmen der genehmigungsfreien Grenzen eigenständig handeln.
- Weiters besteht die Möglichkeit, einen Testamentsvollstrecker zur Überwachung der Durchführung der Anordnungen des letztwillig Verfügenden sowie einen Vermögensverwalter im Testament zu bestimmen.
Fazit:
Bei der Beteiligung von minderjährigen Kindern im Erbrecht gilt es einige Sondervorschriften zu beachten. Während im Verlassenschaftsverfahren bei Interessenskollisionen des gesetzlichen Vertreters der Kollisionskurator zum Kindeswohl entscheidet, ist die Wirksamkeit von wichtigen, außerordentlichen Rechtshandlungen von der Zustimmung des Pflegschaftsgerichts abhängig. Es gibt Möglichkeiten als Testator, bestimmte Vertrauenspersonen mit der Durchführung von konkreten Anordnungen zu betrauen. Mit einem fachlich fundierten, individuellen Testament können Schwierigkeiten und Verzögerungen im Erbfall bei genehmigungsbedürftigen Entscheidungen vermieden bzw. eingeschränkt werden. Insbesondere für den Fall, dass Kinder durch das Ableben beider Elternteile zu Waisen werden, ist eine entsprechende Vorsorgeregelung ratsam.
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Autor:
Mag. Elke Esterbauer, CFP®, EFA®, Dipl. Coach
Wealth Advisory
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